(11. März 2012)
Die israelische Zeitung „Maariv“, im auch in Israel mittlerweile ortsüblichen Standard irgendwo im Sumpf rechts neben der Leitplanke befindlich, veröffentlichte gestern eine neue Umfrage. Nach dieser beträgt der „Vorsprung“ vom immer noch krieg-, ergo erfolglosen Premierminister Benjamin Netanjahu und seiner faschistisch-klerikalen Koalition gegenüber der größtenteils ebenso rechtsradikalen, bellizistischen und antidemokratischen „Opposition“ in Israel, ganze vier Knesset-Sitze – bei einer Fehlerquote von zwei Sitzen.
Das aber für Netanjahu und seine vom seit Jahrzehnten andauernden faktischen Ausnahmezustand profitierende Nomenklatura so Beunruhigende, so Verheerende, ja gar schröcklich Schmöckliche ist, daß es überhaupt wieder eine relevante Oppositionspartei gibt. Und zwar eine Oppositionspartei, welche die Netanjahu-Regierung bereits versucht hat mit zwei Sondergesetzen zu verhindern.
Laut der „Maariv“-Umfrage führt Netanjahus Likud-Block, zusammen mit der faschistischen „Israel Beiteinu“ von Avigdor Lieberman, der bellizistischen rechtsreaktionären „Atzmaut“ von Militärminister Ehud Barak (ex-Vorsitzender der ortsüblichen Fantomsozialdemokratie in der „Arbeitspartei“) und der klerikal-biologistischen „Shas“ zusammen mit 62 Sitzen gegenüber zusammengerechnet 58 Sitzen für die anderen Parteien. Diese sind:
– die „Meretz“-Partei, die „Feigling“, „Faschist“ und „Stümper“ aus Überzeugung mit „Zionist“ übersetzt,
– die „Avoda“-Partei („Arbeitspartei“). Diese stand 2011 nach dem Abgang ihres großen Führers und „Verteidigungsministers“ Ehud Barak (zu dem sie immer in Treue fest gestanden hatte, auch während der gescheiterten Bodeninvasion im Gazastreifen 2008/2009 mit über 1000 toten palästinensischen Zivilisten) vor dem Nichts. Was sollte sie bloß tun, was sie noch nicht getan hatte? Oh unser Ehud, warum hast Du uns verlassen? Und nahmest auch gleich noch ein paar andere Minister mit?
In der Verzweiflung über ihren jahrelangen Selbstmord nach Vorbild pro-amerikanisch-europäischer Verrätermaschinen nominierte sie vor kurzem den politisch unerfahrenen Vater des jahrelang unter äußerst obskuren Umständen entführten Soldaten Gilad Shalit, Noam Shalit, für einen führenden Posten und wartet derzeit nun etwas erfolgreicher darauf, wieder für nichts gewählt zu werden.
– die Parteien „Balad“, „Ra´am“ und „Ta´al“, deren Verbrechen vor allem darin besteht sich die falschen Eltern am falschen Ort (dem heutigen Israel) ausgesucht zu haben, welche zudem die falsche Religion besitzen und diese Ursünde der falschen Geburt durch magisch-transzendetale / politisch-biologische Fähigkeiten auf ihre Sprösslinge vererbt haben,
– eine Reihe weiterer Parteien hochrangiger Geistesgrößen, wie die einst von Ariel Sharon zwecks ungestörter Durchführung heiliger Massenmorde gegründete „Kadima“, der heute die ehemalige Außenministerin Netanjahus vorsitzt, Tzipi Livni,
– und die bislang noch nicht gegründete Partei eines ehemaligen TV-Moderators.
Moment.
Sagte ich, „die die bislang noch nicht gegründete Partei eines ehemaligen TV-Moderators“?
Ja. Ich sagte, „die bislang noch nicht gegründete Partei eines ehemaligen TV-Moderators“.
Genau diese bislang noch nicht gegründete Partei eines ehemaligen TV-Moderators bekam gestern in der Umfrage von „Maariv“ 10 Sitze in einem großen Haufen in Israel zugesprochen, in den man mit Anlauf reintreten möchte wie in den Bundestag und sich zugleich genauso davor ekelt: der Knesset.
Über Yair Lapid schrieb bereits Uri Avnery. Lapid ist ein ganz normaler Garderobenständer aus der Unterhaltungsbranche, Teil der israelischen Oberschicht und des alten Parteiadels, sowie alter Duzfreund Netanjahus, der es aber immerhin fertiggebracht hat, ein, zwei normale Ideen zu haben und sich für diese nicht gleich in heiligen Grund und Boden zu schämen. Dazu zählt ein Rückzug aus den Besatzungszonen, soziale Mindeststandards für die gesamte Bevölkerung und eine Verfassung, die Israel nicht hat. Allein das reicht heutzutage aus, um eine ganze Bande Schurken (auch in Israel die „politische Klasse“ genannt) hochgradig nervös zu machen und um die qua Protege und Gnade der heilig-wohlständigen Übergeburt (gern auch im Ausland) versprochenen Privilegien zur Ausbeutung der eigenen Gesellschaft bangen zu lassen.