2020 haben wir ein aufsehenerregendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstritten, das weite Teile der Auslandsüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst (BND) für verfassungswidrig erklärte. Das vom Gesetzgeber daraufhin reformierte BND-Gesetz trat am 1. Januar 2022 in Kraft. Doch statt verfassungskonformer Neuregelung verletzt das BND-Gesetz schon wieder etliche Grundrechte von Menschen im Ausland – und sogar in Deutschland. Von hier lebenden Menschen darf der BND bestimmte Daten der Internetnutzung massenhaft auswerten, im Ausland dürfen Staatstrojaner praktisch voraussetzungslos eingesetzt werden und Ausländer*innen, die in Deutschland leben, werden ohne Grund schlechter gestellt als Deutsche. Gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen und Investigativjournalist*innen aus ganz Europa erheben wir deshalb erneut Verfassungsbeschwerde. Deutsche Geheimdienste müssen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen – sonst verlieren sie ihre Daseinsberechtigung.
Archiv: Gesellschaft für Freiheitsrechte
Schutz von Medienschaffenden: Bundesverfassungsgericht soll BND-Gesetz erneut prüfen
Insgesamt gibt es zu dem neuen Anlauf gegen das BND-Gesetz 20 Beschwerdeführende, die sich aus Journalist:innen und Menschenrechtsaktivist:innen aus verschiedenen Ländern zusammensetzen. Sie arbeiten laut ROG zu Themen, die ins Auftragsprofil des BND fallen und machen sie damit für den Geheimdienst zu potenziell interessanten Zielen.
Die neue Verfassungsbeschwerde greift mehrere Punkte des BND-Gesetzes an. „Unter dem Deckmantel der strategischen Informationsgewinnung im Ausland darf der BND jetzt zum Beispiel tiefgreifende, auf Einzelpersonen zugeschnittene Überwachungsmittel wie den Staatstrojaner einsetzen, ohne nennenswerte Einschränkungen“, so Bijan Moini, der das Verfahren bei der GFF koordiniert.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der BND sogenannte Maschine-zu-Maschine-Kommunikation auch von Menschen im Inland ausspähen darf. Das erlaube „die Auswertung der Metadaten etwa von Gesundheitsapps, Online-Banking oder Navigationsdiensten“.
Versammlungsgesetz NRW: Verfassungsbeschwerde gegen Einschränkung der Versammlungsfreiheit eingereicht
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) erhebt heute gemeinsam mit dem Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ Verfassungsbeschwerde gegen das seit Januar 2022 geltende Versammlungsgesetz in Nordrhein-Westfalen. Das umstrittene Gesetz war trotz schwerwiegender Bedenken von Sachverständigen und monatelanger Proteste auf der Straße fast unverändert von der schwarz-gelben Landesregierung im Jahr 2021 verabschiedet worden. Die schwarz-grüne Nachfolgeregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag keine Änderungen am Versammlungsgesetz festgelegt.
Wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Erfolg für die demokratische Zivilgesellschaft
Konkret betrifft das neben Wohnraumüberwachung, Online-Durchsuchung, Ortung von Mobilfunkendgeräten, Auskunft über Verkehrsdaten aus Vorratsdatenspeicherung auch den Einsatz verdeckter Mitarbeiter:innen und Observation außerhalb der Wohnung.
Kläger waren – mit Unterstützung durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte – drei potentiell von diesen Maßnahmen betroffene Mitglieder unserer Vereinigung, die, solange es den Inlandsgeheimdienst gibt, von ihm beobachtet und als „linksextremistisch“ stigmatisiert wird.
Erfolg für die Freiheitsrechte nach GFF-Klage: Bundesverfassungsgericht weist Bayerischen Verfassungsschutz in die Grenzen des Grundgesetzes
„Die Klage der Gesellschaft für Freiheitsrechte hat das Risiko deutlich reduziert, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger überwacht und abgehört werden. Unsere strategische Prozessführung wirkt,“ sagt Moini. „Dieses Urteil strahlt in die ganze Republik aus. Denn viele andere Verfassungsschutzbehörden in den Ländern und im Bund haben ähnliche Befugnisse. Sie müssen nun ihre Gesetze kritisch prüfen und überarbeiten.“
Die bereits 2017 von der GFF angestoßene Verfassungsbeschwerde gegen eine Vielzahl von Regelungen des BayVSG wurde am 14. Dezember 2021 in Karlsruhe mündlich verhandelt.