Die SPD in Sachsen-Anhalt will einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen, um den Tod von Oury Jalloh aufzuklären – aber erst nach der Landtagswahl 2021. Jallohs war vor 15 Jahren in Polizeigewahrsam in Dessau gestorben. Die genauen Umstände sind bis heute ungeklärt.
Archiv: Oury Jalloh
Wieder Streit um Aufarbeitung von Fall Oury Jalloh
Der Justizstaatssekretär Josef Molkenbur habe daraufhin in einem Schreiben „klargestellt, dass dies die Landesverfassung nicht vorsieht.“ Stattdessen habe Molkenbur angeboten, die gewünschten Befragungen im Rahmen von Sondersitzungen des Rechtsausschusses zu ermöglichen.
15 Jahre ungeklärt: Der Tod des Oury Jalloh
Im Januar 2005 verbrennt Oury Jalloh, ein Asylbewerber aus Sierra Leone, in Dessau in einer Zelle des Polizeireviers in der Wolfgangstraße. Er war an Händen und Füßen gefesselt. Von Beginn heißt es, Jalloh habe sich selbst in Brand gesteckt. Es folgen Gerichtsverhandlungen, Gutachten, Brandversuche. 2017 werden die Ermittlungen eingestellt, ein Untersuchungsausschuss im Landtag scheitert – die beteiligten Beamten, die den Fall aufklären könnten, schweigen. Zwei Sonderberater werden vom Rechtsausschuss des Landtages eingesetzt. Ihr Bericht wird für den Sommer 2020 erwartet.
Tod in der Polizeizelle: Keine Ruhe geben
Die Auffassung, dass Jalloh ermordet wurde, ist längst von Medizinern und Brandexperten untermauert worden. Doch als der damalige Leitende Oberstaatsanwalt in Dessau, Folker Bittmann, 2017 deshalb erstmals Mordverdacht erhoben hatte, entzog ihm Sachsen-Anhalts Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad rasch das Verfahren. In Halle wurde es wenig später eingestellt.
Polizeigewalt: Phantasiereich abgewürgt
»Damit stellt sich das OLG Naumburg in allen wesentlichen Punkten hinter die vom Generalstaatsanwalt vorgebrachten, unwissenschaftlichen und phantasiereichen Argumentationsketten«, kommentierte die Initiative dieses »Ende der juristischen Nicht-Aufklärung« der Dessauer Todesfälle Jalloh, Rose und Bichtemann. Es verschließe sich somit »allen bislang gewonnenen Fakten und Expertenmeinungen bzw. interpretiert diese in unhaltbare Überzeugungen um, die nicht der Realität entsprechen«.
Politischer Täterschutz
Trotz Mordverdachts gegen Polizisten im Fall Oury Jalloh: Sachsen-Anhalts CDU, SPD, Grüne und AfD verhindern Untersuchungsausschuss
Mehrheit schweigt – Fall Oury Jalloh
Auch Sachsen-Anhalts Grüne, die einstmals laut nach Aufklärung riefen, spielen jetzt mit. Ein bisschen mitregieren im Landtag ist ihnen wichtiger.
Dessauer Zustände
Diallo ist der Bruder des vor 14 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers. Anlässlich des Todestages ist er aus Guinea angereist, auf Kosten der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh. Er bedankt sich auf deutsch bei den Demonstranten, während sich der Platz weiter füllt.
Fakten nicht erwünscht
Lautstark tönte am Montag der Sprechchor »Oury Jalloh – das war Mord« durch die Straßen Dessaus. Damit erinnerten etwa 800 Menschen bei nasskaltem Wetter an den Tod des Flüchtlings vor genau 14 Jahren. Ein Polizeiaufgebot erwartete sie am Bahnhof der Stadt. Der 36jährige Jalloh war 2005 an Händen und Füßen gefesselt in einer Polizeizelle bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Der Mord an dem Sierra Leoner durch Polizisten sei durch zahlreiche Beweise »faktisch belegt«, erklärte die »Initiative in Gedenken an Oury Jalloh«.
Mord? Kein Interesse
Akte geschlossen: Feuertod von Oury Jalloh im Polizeirevier Dessau wird nicht neu aufgerollt. Hinterbliebene wollen Klage erzwingen
In Sachsen-Anhalt legt die Generalstaatsanwaltschaft den Fall des 2005 in Polizeigewahrsam umgekommenen Sierra Leoners endgültig zu den Akten.
Der Sierra Leoner Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers verbrannt.
Fall Oury Jalloh: Sonderberater warten auf Verfahrensabschluss
Der eine war Generalstaatsanwalt und wurde unter anderem mit einem Verfahren gegen den früheren Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen bekannt. Der andere arbeitete unter anderem als Sonderermittler für den deutschen Bundestag im NSU-Fall.
Feuertod von Oury Jalloh: Internationale Untersuchungskommission stellt erste Ergebnisse vor.
Mit einem Trick hat sich die Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen jedoch genauerer Nachforschungen entzogen: Nach langem Hin und Her beauftragte sie zwar im Juni die beiden Juristen Jerzy Montag und Manfred Nötzel als Sonderermittler. Das Problem: Sie dürfen erst tätig werden, wenn die Justiz sämtliche Prüfungen und Ermittlungen zum Fall eingestellt hat.
Vor Oury Jalloh starben bereits zwei weitere Männer im Polizeirevier Dessau. Über das erste Opfer war bislang wenig bekannt. Eine Spurensuche
Hans Jürgen Rose stirbt 1997 an schwersten inneren Verletzungen, Mario Bichtemann fünf Jahre später an einem Schädelbruch, und 2005 verbrennt der gefesselte Oury Jalloh bis zur Unkenntlichkeit in seiner Zelle: Die Serie nie aufgeklärter Todesfälle im Polizeirevier Dessau ist einer der größten Justizskandale und Zeugnis mörderischen Korpsgeistes.
Misshandelt und verbrannt?
Mehr als 13 Jahre nach dem Feuertod von Oury Jalloh hat ein Gutachter das öffentliche Schweigen gebrochen. Aus rechtsmedizinischer Sicht sei es ausgeschlossen, dass der an Händen und Füßen gefesselte Sierra Leoner das Feuer in der Dessauer Polizeizelle selbst gelegt hat. Das sagte der forensische Toxikologie Gerold Kauert diese Woche in einem MDR-Interview.