(5.5.2010) Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Entscheidung, die wir in dieser Woche im Deutschen Bundestag zu treffen haben, ist über die Jahre gesehen vielleicht die folgenreichste und deshalb schwerste Entscheidung, die wir zu treffen haben. Dies ist eine Entscheidung, die die Menschen – wir haben das auf den Straßen erleben können – ganz ohne Zweifel verunsichert und beunruhigt.
Was wir hier erleben – das sage ich in Erinnerung an manche Wortbeiträge auch von Beteiligten hier aus diesem Hohen Hause –, ist aber keine Griechenland-Krise, sondern das ist ein bisschen mehr als das: Das ist die größte Belastungsprobe für die europäische Integration seit den Römischen Verträgen. (…)
Um aber allen Missverständnissen, den gewollten wie den ungewollten, von vornherein den Boden zu entziehen, sage ich, meine Damen und Herren: Jawohl, das europäische Rettungspaket muss sein, die deutsche Beteiligung daran auch. – Wir haben den Weg dafür geöffnet, dass ohne kleinliche Streitereien über das Verfahren hier im Hohen Hause des Deutschen Bundestages in dieser Woche entschieden werden kann. (…)
Denn
auch ich sage aus meinem Demokratieverständnis he-
raus: Es wäre gut, wenn bei Entscheidungen solcher
Tragweite die im Deutschen Bundestag vertretenen Par-
teien nicht Lichtjahre und Galaxien voneinander entfernt
wären. Deshalb habe ich öffentlich wie auch in Gesprä-
chen mit Herrn Schäuble und Ihnen gesagt: Ich schließe
nicht aus, dass wir am Freitag zu einer gemeinsamen
Entscheidung kommen. Aber ich habe ebenso deutlich
und auch das von Anfang an gesagt: Eine Zustimmung
zu einer nackten Kreditermächtigung wird es mit der
SPD im Deutschen Bundestag nicht geben. (…)
Ich darf Ihnen jedenfalls versichern: Wir Sozialdemokraten wissen und stehen dazu: Ohne den Euro hätten Europa und Deutschland in der Weltwirtschaft keine Zukunft. Ohne den Euro hätte uns diese Finanz- und Wirtschaftskrise noch sehr viel härter getroffen als jetzt. Es glaube doch bitte niemand, auch nicht in diesem Hause, dass wir nur eines der Probleme, mit denen wir umzugehen haben, gelöst hätten, wenn die Menschen in Griechenland wieder in Drachmen, in Italien in Lira und in Spanien wieder in Peseten zahlten. Nicht ein einziges Problem wäre dadurch gelöst. Aber dies den Menschen
zu erklären, Frau Merkel, ist Aufgabe einer Regierung.
Das ist Ihre Aufgabe. Das hätten Sie den Menschen sagen müssen. Jetzt steckt die Karre für alle sichtbar im Dreck.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)