(10.12.2016) Nicht, dass der Nazi-Vorwurf gegen mich neu wäre. Den kenne ich schon aus der DDR. Als im November 1988 die Staatssicherheit die Umweltbibliothek in Berlin überfiel und ich zusammen mit Bärbel Bohley die erste Mahnwache gegen das SED-Regime und seine Willkürmaßnahmen organisierte, wurden Bärbel und ich kurz darauf in der „Jungen Welt“, dem Organ der Jugendorganisation FDJ, vom Chefredakteur als die geistigen Anstifter der angeblichen Neonazis der Mahnwache hingestellt. Mein Sohn Philipp, damals 15 Jahre alt, musste in der Schule Spießruten laufen wegen seiner „Nazi-Mutter“. Der Chefredakteur hat sich später bei mir entschuldigt. Er war eine der wenigen Stützen des SED-Regimes, die ihre Rolle in der Diktatur kritisch reflektiert und aufrichtig bereut haben.
Kritische Reflexion und Reue ist das, was ich bei Frau Kahane vermisse. Unter einem anderen Vorzeichen und für eine andere Regierung macht sie das weiter, was sie in der DDR so eifrig betrieben hat: Beobachten und Berichten. Wem sie in der DDR geschadet hat, bleibt im Dunklen. Was heute die von ihr geleitete Netz-Spitzeltruppe macht, ist dagegen klar: Regierungskritiker ausspionieren, denunzieren, anprangern, einschüchtern und mundtot machen.