Auch die Bundesregierung hat die Unterstützung ihres NATO-Partners für den IS jahrelang ohne Umschweife akzeptiert – weil Ankara damit half, die Regierung von Bashar al Assad zu schwächen. Differenzen entstanden erst, als die NATO-Hauptmächte Mitte 2014 begannen, dem allzu sehr erstarkenden IS Schranken zu setzen. Die Türkei hat den Kurswechsel allenfalls per Lippenbekenntnis geteilt. Tatsächlich hat sie jedoch, wie David L. Phillips festhält, den IS etwa im Kampf um Kobane weiter unterstützt und ihm Bewegungsfreiheit in der Türkei gewährt, eventuell sogar Waffen zur Verfügung gestellt.[5] Ankara hat die „Volksverteidigungseinheiten“ (Yekîneyên Parastina Gel, YPG), die in der kurdischsprachigen Minderheit Syriens gebildet wurden, selbst dann noch bekämpft, als die USA dazu übergingen, sie im Krieg gegen den IS zu fördern. Wie Phillips berichtet, haben – neben diversen weiteren Obstruktionen – türkische Kampfflugzeuge Einheiten der YPG mindestens zweimal bombardiert.