09.10.2011 - 14:11 [ Frankfurter Allgemeine Zeitung ]

Ein amtlicher Trojaner: Anatomie eines digitalen Ungeziefers

Wie bei einem Daumenkinoheftchen können die Überwacher dem Entstehen von Text gewordenen Gedanken, Kalkulationen, Notizen und E-Mails zuschauen – ein Bildschirmfoto nach dem anderen. Auch niemals versendete Nachrichten, die der Verfasser wieder gelöscht hat, statt sie abzuschicken, landen so auf dem Überwachungsserver. Viele Menschen haben es sich angewöhnt, ihre Gedanken und Gefühlen digital festzuhalten, die sie dann aber nicht unbedingt verschicken. Ohne Zweifel gehören solche intimen Notizen zum strikt geschützten Kernbereich, den das Bundesverfassungsgericht bewahrt sehen wollte. Nun landen sie mittels der Autorisierung einer einfachen Telekommunikationsüberwachung in den Handakten der Ermittler und Geheimdienste.