Sprecher: Sogar Bin Ladens Zurschaustellungen der Stärke für die westlichen Medien waren gefälscht. Die Kämpfer in diesem Video waren für einen Tag angeheuert worden und man sagte ihnen, dass sie ihre eigenen Waffen mitbringen sollten. Über diese kleine Gruppe hinaus hatte bin-Laden keine formelle Organisation – bis die Amerikaner eine für ihn erfanden.
[Schnitt zur Stadtansicht Manhattans]
[Titel: Manhattan, Januar 2001]
Sprecher: Im Januar 2001 begann im Gerichtssaal in Manhattan ein Verfahren gegen vier Männer, die wegen der Botschafts-Bombenanschläge in Ostafrika angeklagt waren. Aber die Amerikaner hatten sich auch entschieden, Bin Laden in Abwesenheit anzuklagen. Aber um dies unter amerikanischem Recht tun zu können, brauchten die Ankläger Hinweise für eine kriminelle Organisation, weil dies – wie bei der Mafia – ihnen erlauben würde, das Oberhaupt strafrechtlich zu verfolgen, selbst wenn dieses nicht direkt mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden konnte. Und der Beweis für diese Organisation wurde ihnen von einem Ex-Komplizen Bin Ladens namens Jamal al-Fadl zur Verfügung gestellt.
Jason Burke, Autor von “Al Kaida”: “Während der Untersuchung der 1998er Bombenanschläge gibt es eine Gelegenheitsquelle, Jamal al-Fadl, der ein sudanesischer Militanter ist, der in den frühen 90ern mit bin-Laden zusammen war; der in einer ganzen Serie mittelöstlicher Geheimdienste reihum gereicht wurde, von denen keiner viel mit ihm zu tun haben will und der letztendlich in Amerika landet und, äh, effektiv von der amerikanischen Regierung als Schlüsselzeuge der Anklage übernommen wird und dem gleichzeitig eine große Summe amerikanischen Steuerzahlergeldes gegeben wird. Sein Konto wird als Rohmaterial benutzt, um ein Bild von Al Kaida aufzubauen. Das Bild, dass das FBI aufbauen möchte ist eines, das zu existierenden Gesetzen passt, die sie benutzen müssen, um jene zu belangen, die für die Bombenanschläge verantwortlich sind.
Nun wurden diese Gesetze verfasst, um dem organisierten Verbrechen entgegenzuwirken: der Mafia, Drogenkriminalität, Verbrechen, bei denen es extrem wichtig ist, dass Leute Mitglied einer Organisation sind – man musste eine Organisation vorliegen haben, um eine Anklage zu bekommen. Und Sie haben al-Fadl und eine Anzahl anderer Zeugen, eine Anzahl anderer Quellen, die glücklich damit sind, dies zu unterfüttern. Sie haben Material, welches, auf eine gewisse Art betrachtet, angesehen werden kann, als das Aufzeigen der Existenz dieser Organisation.
Sie zählen sie eins und eins zusammen und sie kriegen das, was der erste “Bin Laden”-Mythos ist – der erste “Al Kaida”-Mythos. Und weil er einer der ersten ist, ist dieser extrem beeinflussend.”
Sprecher: Das Bild, welches al-Fadl den Amerikanern von Bin Laden malte, war das einer allmächtigen Figur an der Spitze eines umfangreichen terroristischen Netzwerkes, das eine organisierte Kontrollhierarchie hatte. Er sagte auch, dass Bin Laden diesem Netzwerk einen Namen gegeben hatte: “Al Qaeda”. Es war ein dramatisches und machtvolles Bild Bin Ladens, aber es hatte wenig Bezug zur Wahrheit.
[Ausschnitt, CNN Exklusivvideo: Bin Laden und Soldaten]
Sprecher: In Wirklichkeit waren bin-Laden und Ayman Zawahiri der Mittelpunkt einer verlorenen Vereinigung desillusionierter islamistischer Militanter, die es zu der neuen Strategie hinzog. Aber es gab keine Organisation. Dies waren Militante, die meistens ihre eigenen Operationen planten und bei Bin Laden um Finanzierung und Hilfestellung nachsuchten. Er war nicht ihr Kommandeur. Es gibt ebenso keinen Hinweis, dass Bin Laden den Terminus “Al Qaeda” in Bezug auf den Namen einer Gruppe bis nach dem 11. September benutzte, als er erkannte, dass dies der Terminus war, den ihr die Amerikaner gegeben hatten.