06.08.2013 - 14:23 [ Institut für Glaube und Wissenschaft ]

Wie berechtigt ist die Kritik am ökonomischen Zynismus?

Im Jahre 1991 war LAWRENCE SUMMERS Chefökonom der Weltbank. Er hat sich damals im Vorfeld der Rio-Konferenz für nachhaltige Entwicklung Gedanken gemacht über eine Verbesserung der internationalen Müllentsorgung, auch der Entsorgung von Giftmüll. Sie erschien ihm ineffizient, weil sie nicht unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung vorgenommen werde. Welche Kosten hatte er dabei im Sinn? Die Lohnkosten natürlich, aber u.a. auch die Kosten, die durch verschmutzungsbedingte Gesundheitsschäden entstehen können. Ich zitiere dazu aus einem Papier, das Lawrence Summers für den internen Gebrauch der Weltbank schrieb:
„Die Kosten gesundheitsschädigender Verschmutzung bemessen sich nach den entgangenen Einnahmen durch erhöhte Krankheit und Sterblichkeit. So gesehen sollte die Verschmutzung in dem Land mit den geringsten Kosten stattfinden.“

Das kann, so fährt er weiter fort, nur ein Entwicklungsland sein, in dem beispielsweise die Säuglingssterblichkeit sehr hoch ist. Die Menschen erreichten hier gar nicht erst ein Alter, in dem sie beispielsweise an Prostata-Krebs erkranken könnten. In einem wohlhabenden Land dagegen, in dem die Menschen länger leben, sei die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erkrankung deutlich höher und daraus entstünden auch höhere Kosten. Seine Schlussfolgerung lautet:
„Die ökonomische Logik, eine Ladung Giftmüll in dem Land mit den niedrigsten Löhnen loszuwerden, ist untadelig“
Im Sinne von Summers können wir ergänzen: Aus Kostengründen sollte Giftmüll dort deponiert werden, wo der Lebensstandard und die Lebenserwartung niedrig sind. Hier sind nämlich die Opportunitätskosten in Form entgangener Einnahmen durch den Verlust an gesunden Lebensjahren gering. Wenn die Lebenserwartung ohnehin niedrig ist, kann man durch eine gesundheitsschädigende Verschmutzung auch nicht mehr viel verlieren. Summers rundet seine Empfehlung folgendermaßen ab:
„Ich war schon immer der Meinung, dass … Länder in Afrika deutlich unterverschmutzt sind.“