(9.März 2010) Zweiter Teil des Interviews mit Wilhelm Dietl, ehemals Agent des Bundesnachrichtendienstes (BND), über sein Buch “Schattenarmeen”. (..)
Radio Utopie: Sie haben die Rolle Shaukats in Syrien als “anders” bewertet bezüglich der Rolle Suleimans in Ägypten. Ist Omar Suleiman, der Chef des “Allgemeinen Nachrichtendienstes”, tatsächlich ein möglicher Nachfolger des seit fast 30 Jahren unter Kriegsrecht amtierenden Diktators Hosni Mubarak? Immerhin ist Mubarak Co-Präsident der 2008 blitzartig geschaffenen Mittelmeerunion, in der auch Deutschland Mitglied ist.
Wilhelm Dietl: Omar Suleiman hat bisher keine Fehler gemacht. Er ist ein sehr smarter Mensch, der im richtigen Moment eingestiegen ist in den Geheimdienstapparat, der Ägypten komplett beherrscht und der dieselbe Machtfülle hat wie der Präsident und dessen Apparat. Suleiman hat seit seinem Einstieg jeden Schachzug richtig gesetzt. Deswegen wird er als engster Vertrauter von Hosni Mubarak eingeschätzt. Er wird eingesetzt, wenn es irgendwelche Dinge zu lösen gibt, z.B. Probleme mit den Palästinensern, den Zwist zwischen der Hamas und den säkularen, nationalistischen Kräften um die Fatah; deswegen wird er mangels anderer vielversprechender Kandidaten als Nachfolger von Mubarak gesehen.
Der andere mögliche Nachfolger heisst Jamal Mubarak, sein Sohn. Aber da zweifeln viele dran. Er soll ein guter Wirtschaftsfachmann sein, er soll Ahnung von Geschäften haben, aber recht wenig von Politik. Und er soll auch keine Ausstrahlung besitzen, sagt man in Ägypten.
Radio Utopie: Ist Suleiman – der, wie Sie geschildert haben, als Vermittler tätig ist zwischen Fatah und Hamas – ist er wirklich daran interessiert, die Streitigkeiten dieser beiden Fraktionen innerhalb der Palästinenser zu schlichten oder ist er eher ein Mann der Israelis? Bedient er im Zweifel eher die israelischen Interessen?
Wilhelm Dietl: Das ist ganz schwierig zu sagen. Auf alle Fälle wird er sehr gerne gesehen in Israel. Er ist häufig dort und spricht sich mit den Israelis ab, trifft seine Kollegen beim Mossad, beim Schin Bet, beim Aman, reist nach Israel und wieder zurück. Ob er nun die israelischen Interessen vertritt weiß ich nicht, aber er berücksichtigt sie sehr stark.